Die integrative Pädagogik im Krippenalltag

 nach Maria Kenessey

Unsere integrativ geführte Kinderkrippe bietet den Kindern ein geeignetes Lernfeld um Mitgefühl und Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Sie ist eine erste Sozialisation-Instanz ausserhalb der Familie.

Durch den regelmässigen Besuch der Krippe haben die Kinder Gelegenheit soziale Kontakte zu knüpfen und sich in der Gruppe mit anderen Kindern zu integrieren.

Die Betreuerinnen und Betreuer sind wichtige Bezugspersonen, zu denen sie eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen können und sollen.

In möglichst regelmässigen Abständen führen wir interne Sitzungen durch. Bei diesen Sitzungen können wir auch über Kinder sprechen über die wir uns besonders viel Gedanken machen und fachlich anstehen. Auch Themen die das Team betreffen können dann in einem geschützten Rahmen besprochen werden.

Was bedeutet dies im Alltag?

Spielen im Alter bis zu fünf Jahren

Wir achten auf eine integrative Spielweise, bei der sich jedes Kind als wichtiges Glied wahrnehmen kann. Spiele mit Gewinner- und Verlierercharakter vermeiden wir oder wir ändern die Regeln, denn ein Kind das dauernd gewinnt oder verliert steht ausserhalb der Gruppe und dies kann in der Folge Eifersucht oder Unzulänglichkeitsgefühle auslösen. In dem sehr jungen Kindesalter, ist es wichtig, dass die Kinder bezüglich Integration einen Boden der Gleichwertigkeit erfahren.

Die Kinder sind integrativ in den Tagesablauf eingebunden. Die Tätigkeiten durch den Tag können von ihnen oft selbst ausgewählt werden. Das heisst die Kinder sollen ihre eigenen Ideen verwirklichen können. Natürlich animieren wir auch, doch schliesslich entscheidet das Kind selbst ob es sich der Animation anschließen oder etwas anderes spielen will. Das Ziel dieser Freiwilligkeit ist, dass die Kinder in der Krippe lernen aufeinander einzugehen und auf spielerische Weise Kontakt zueinander aufnehmen können. Somit steht der soziale Aspekt eindeutig im Mittelpunkt.

Im Freispiel oder Rollenspiel

organisieren sich die Kinder selbst. Die Betreuer geben den Rahmen vor und begleiten das Rollenspiel passiv. Die Betreuer sind während des Freispiels äusserlich passiv und innerlich aktiv beim Geschehen dabei. Um die Kinder in der Krippe zu beschäftigen und zu fördern, stehen uns verschiedene Materialien und Spielsachen zur Verfügung.

Die Integration der Kinder in die Gemeinschaft versuchen wir mit folgenden gemeinschaftlichen Aktivitäten zu fördern: Basteln (Kneten, Arbeiten mit Salzteig, Bauen, Kleistern usw.), musisch – kreativen Tätigkeiten (Malen, Zeichnen), diverse Spiele (Rollen- und Singspiele, Gesellschafts-spiele), Spiele im Freien (Sandkasten, Schaukeln, Klettern, Fangen, Verstecken etc.) sowie weitere Gruppenaktivitäten (Singen, Geschichten erzählen)

In den Rollenspielen verarbeiten Kinder oft Erlebnisse, leben Fantasien aus und schliessen Freundschaften und üben für das spätere Leben. Das Kind lernt seinen Platz in der Gruppe zu finden und somit auch indirekt in der Gesellschaft. Es lernt sich auszudrücken und seine Interessen zu vertreten. Das Kind soll seine Person als wichtiges Glied in der Gruppe erleben, um damit ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln zu können.

Umgang mit Streit

Bei einem Streit indessen das Gleichgewicht gewährleistet ist, halten wir uns zurück und beobachten, ob die Kinder selber eine Lösung finden. Ansonsten fragen wir nach ob sie Hilfe benötigen oder ob sie alleine wieder Frieden schliessen können. Dabei ist es immer sehr wichtig, dass die ganze betroffene Gruppe angesprochen und nicht ein Kind mit Namen angesprochen wird, denn somit kann jedes einzelne Kind das Gesicht wahren und der Streit polarisiert sich in der Regel viel weniger.

Esskultur

Eine entspannte und lustvolle Esskultur fördert den Appetit. Vor allem kleine Kinder spüren sehr gut, was und wie viel ihr Körper in einer jeweiligen Phase benötigt. Die Kinder entscheiden selber, was sie vom Tischangebot essen wollen. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass die meisten Kinder ohne Esszwang, freiwillig beinahe alles Essen. Esszwang löst immer Essstörungen aus!

Unsere Mahlzeiten nehmen wir mit den Kindern gemeinsam ein und wird als tägliches Ritual erlebt. In der Gemeinschaft lernen die Kinder eine positive Haltung gegenüber der Ernährung. Wir verwenden frische Zutaten für die kindergerechte, gesunde und abwechslungsreiche Ernährung. Die Kinder haben die Möglichkeit bei der Zubereitung der Mahlzeiten mitzuwirken. Diese Tätigkeit fördert das Verständnis für eine gesunde Ernährung und baut eine natürliche Beziehung zum vergnüglichen Essen.

Für die Babies bereiten wir Gemüsebrei selbst zu. 

Schlafbedürfnis

Die Schlafbedürfnisse der Kinder sind altersabhängig und individuell, dementsprechend werden diese von uns wahrgenommen. Die älteren Kinder schlafen meist nach dem Mittagessen oder verbringen die Siesta mit einem Buch oder mit einer ruhigen Tätigkeit im ersten Gruppenraum. Babies und Kleinkinder brauchen oft mehrmals täglich eine Schlafpause, worauf wir Rücksicht nehmen. Jedes Kind wird mit seinem individuellen Schlafbedürfnis integriert. 

Für die allerkleinsten haben wir Stubenwagen in denen sie sich wohlfühlen und gut schlafen können.

Bedürfnisse der Säuglinge

Säuglinge haben einen anderen Tagesrhythmus als Kleinkinder, diesem werden wir durch unsere individuelle Betreuung gerecht. Die Säuglinge werden in der Gruppe integriert und sind selbstverständlich mit den grösseren Kindern im gleichen Raum.

Wir achten darauf, dass Säuglinge einen sicheren Ort im Gruppenzimmer haben. Eine Betreuerin ist immer möglichst nah bei den Kleinen um schnell eingreifen zu können, falls von grösseren Kindern eine Gefahr droht.

Integrieren im frühen Kinderalter wirkt sich positiv auf das Zugehörigkeits- und somit auch präventiv auf ein gutes Selbstwertgefühl aus. Das Kind erlebt sich als wertvoll und gleichberechtigt.

Soziale Werte

Ein Kind braucht ein Lebensfeld….

  • zum Erleben, Wahrnehmen, Bewegen, Entdecken, Handeln, Begegnen und Entfalten
  • um individuellen Bedürfnissen nachzugehen
  • um eigene Interessen und einen eigenen Willen zu entwickeln
  • um Selbstverantwortung zu übernehmen
  • um Erlebnisse zu verarbeiten
  • um kreativ sein zu dürfen
  • um sich sprachlich auszudrücken
  • um Persönlichkeit zu entfalten
  • um sich als wertvoll zu erleben
  • um Selbstwertgefühl zu erlangen

Ein Kind lernt sich mit anderen Kindern zu integrieren….

  • um Beziehungen und Kontakte aufzubauen
  • um auf spielerische Weise soziales Verhalten kennen zu lernen
  • um Mitgefühl und Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln
  • um in Konfliktsituationen eine Lösung zu finden
  • um zusammen Spass zu haben
  • um sich als wichtiges Glied in einer Gruppe zu erleben

Neu

Leitsätze für die integrative psychologische Betreuung

  • Dem Kinde Vorbild sein
  • Das Kind achten
  • Auf Kritik verzichten und Fehler verkleinern
  • Das Kind ermutigen
  • Sich nicht auf einen Machtkampf einlassen sondern Bedürfnisse erkennen
  • Festigkeit zeigen ohne zu herrschen
  • Die Unabhängigkeit fördern
  • Soziales Handeln unterstützen
  • Erwünschtes Verhalten erwähnen, unerwünschtes Verhalten ignorieren, solange keine Gefahr für ein Kind besteht.
  • Mit den Kindern reden und nicht zu ihnen reden

Maria Kenessey

Die integrative Erziehung ist die Weiterentwicklung und Verschmelzung der bis heute bekannten pädagogischen, psychologischen, neurologischen, kommunikationsmethodischen und familientherapeutischen Erkenntnisse zur ganzheitlichen Förderung des Kindes.
Die Zusammensetzung dieser Richtungen bietet eine konzentrierte, simultane Förderungsmöglichkeit in der Pädagogik. Das Menschenbild und die vermittelten Werte der Integrativen Pädagogik entsprechen den UNO-Menschenrechten und der UNICEF Deklaration der Kinderrechte. Sie beherzigen die Grundsätze der Demokratie.

  • Die ganzheitliche Förderung von Herz, Hand und Hirn (J. H. Pestalozzi), die Vorschulförderung von F. Fröbel, die neuropsychologischen Erkenntnisse von Maria Montessori, die schulische Förderung und Spieltherapie von Hans Zulliger sowie die Forschungen frühkindlicher Entwicklung von Marie Meierhofer und Christoph Wolfensberger bilden die pädagogische Basis der Integrativen Erziehung.
  • Die Entdeckung des Unbewussten durch Sigmund Freud, die Entwicklung der Individualpsychologie von Alfred Adler und die Therapiemöglichkeiten von C. G. Jung erweitern die Förderungsmöglichkeiten der Integrativen Pädagogik.
  • Die Erkenntnisse der Hirnforschung und Hypnotherapie (Chertok und Milton Erickson), die Kommunikationsregeln der Gesprächstherapie (Carl Rogers), die Regeln des NLP vertiefen die Beziehung zu den Kindern und geben der Integrativen Pädagogik zusätzliche Korrektur- und Förderungsmöglichkeiten.
  • Das neue Paradigma der Familientherapie und das Systemdenken von Virginia Satir, Salvador Minuchin und Paul Watzlawick sind hilfreich für das Leben und Lernen in Gruppen (Familie, Spielgruppe, Kindergarten, Schulklasse usw.).